Montag, 28. September 2009

Mein schwedischer Alltag

Ja, so langsam kehrt er ein - der Alltag. So langsam finde ich es normal, hier so richtig zu leben und das Urlaubsgefühl verfliegt zumindest hier in Halmstad. So langsam merke ich, wie ich schwedische Gewohnheiten annehme, über die ich mich zuvor vielleicht sogar noch gewundert habe. Und so langsam wird auch meine Position in der Schule "auf der anderen Seite" (Jetzt kann ich die fiesen Fragen stellen!) immer normaler für mich. Aber trotzdem entdecke und erlebe ich natürlich jeden Tag Neues. Kurzum: Ich fühle mich pudelwohl hier in meinem Lieblingsland der Volvos, Preiselbeeren, salzigen Margarine und gemütlichen Holzhäuser. Und ich könnte mir dieses Leben, das ich hier grad leben darf (Danke, lieber Arbeitgeber EU! Du bist echt cool.), sehr gut für länger vorstellen. In meiner Rolle als Sprachassistentin gehe ich so richtig auf, ich merke, wie sehr ich einfach Sprachen und ihre Anwendung liebe und freue mich echt auf jeden neuen Tag. Superwitzig ist's auch immer, wenn verschiedene Lehrer, die vor langer Zeit mal in der Schule Deutsch gelernt haben, versuchen, ihre Kenntnisse mal wieder auf die Probe zu stellen. Da kommen oft lustige Dinge bei raus, aber so kann ich oft schon morgens bei unserem täglichen morgonmöte ("Morgentreffen" aller an der Schule Tätigen um 8h) die ein oder andere Deutschlektion erteilen. Da meine Kommunikation mit den Lehrern, wenn keine Schüler dabei sind, aber größtenteils auf Schwedisch abläuft, lerne aber auch ich jeden Tag von ihnen. Leider sieht's so aus, als würde es trotz meiner Bemühungen keinen passenden Sprachkurs für mich geben. Ein Kurs, für den ich angemeldet bin, wird nicht stattfinden, weil es außer mir nur eine Anmeldung gibt und die Kurse starten erst bei mindestens 5 Anmeldungen. Es gibt total viele Anfängerkurse hier in Halmstad, aber kaum Kurse für ein höheres Niveau. Nun überlege ich, einen Distanzkurs via Internet zu machen, aber sowas ist unverschämt teuer und ich überlege, ob ich da nicht lieber ein paar Bücher bestelle und mich selbst regelmäßig hinsetze, um Grammatik&Wortschatz zu pauken. Die tägliche Kommunikation läuft zwar echt gut, aber so ganz ohne Bücher und Lernen läuft's dann auch nicht mit dem Fremspracherwerb. Und es gibt einem einfach Sicherheit im Gespräch, wenn man die korrekte Verbform kennt und nicht lang darüber grübeln muss.
Nun aber nochmal zur Schule: Alle Lehrer sind so unglaublich nett zu mir und ich erhalte diverse Einladungen zu gemeinsamen Aktivitäten. So wurde ich in den Jazz-Kreis aufgenommen und gehe nun jeden 3. Dienstag mit ein paar Lehrern auf Jazz-Konzerte. Habe sogar meine offizielle Mitgliedskarte bekommen! Total witzig, wo ich zuvor eigentlich noch nie bewusst Jazz gehört hab und auch überhaupt keine Ahnung davon hab, aber es klingt ganz gut und ich find's einfach nett, dort mit vielen anderen Schweden zu sitzen, etwas Wein zu schlürfen, sich etwas zu unterhalten und dabei Musik zu hören. Außerdem wurde ich letzten Sonntag zu einem Ausflug gen Süden eingeladen, ich bin mit Sam (Deutschlehrer) und seiner Familie mit dem Auto an der Küste entlanggefahren. Wir haben idyllische Fischerdörfer angeschaut und sind an einer mein Geographenherz erfreuenden Steilküste entlanggewandert, wo wir dann - Highlight - auf einem Felsen mit Ausblick auf die ca. 30m unter uns gelegene Ingmar Bergman-Filmkulisse aus seinem Film "Das 7. Siegel" schauen konnten. Außerdem haben wir Äpfel gepflückt und ich konnte meine Sortenkenntnisse und Pflückerfahrungen ins Spiel bringen - das war wirklich lustig.
Nun möchte ich Euch noch einige weitere, für mich sehr interessante Besonderheiten an meiner schwedischen Schule vorstellen:

Ich habe ja bereits berichtet, dass man als Lehrer hier mitten im Schuljahr frei nehmen kann. (Womit ich aber nicht sagen wil, dass man es als Lehrer hier so viel besser hat als in Deutschland - aber dazu ein anderes Mal mehr). Noch viel cooler ist aber, dass man auch als Schüler einfach mal frei nehmen kann. Plant also Famile Svensson mit ihrem kleinen Olof einen Last-Minute-Trip nach Griechenland? Oder einfach mal 'nen Tag in ein großes Einkaufszentrum?
Inget problem, kurzer Anruf der Eltern oder eine Notiz genügt. Schwupps, wird in der Wochen-Klassenliste der werte Olof mit Mo-Fr ledig (Mo-Fr frei) markiert und fertig ist der Lachs. Als ich in einer Stunde meine Schüler fragte, wo einige seien, bekam ich als Antwort: Melina und Hampus sind krank, Jonas, Magnus und Moa haben Urlaub. ACH SO! Okay, ist klar. WAAAASS haben die? Ungefähr so war meine erste Reaktion.
Ein weiterer Aspekt, an den ich mich erstmal gewöhnen musste, ist, dass die Schüler ihr komplettes Material von der Schule bekommen müssen. Eltern dürfen absolut nichts kaufen müssen. Bleistifte, Mappen, Hefte, Schulbücher... alles bekommen die Kinder vorgesetzt. Und das wird so ausgenutzt. Einige Lehrer verteilen pro Stunde gern mal 10 Bleistifte, 5 Schreibhefte usw. Das find ich echt schlimm, wie diese Situation ausgenutzt wird und wie schlecht mit dem Material umgegangen wird. Ich würde irgendwann einfach nichts mehr rausgeben, denn irgendwie muss man denen ja mal beibringen, wie man mit seinen bzw. fremden Sachen umgeht, aber mit dieser Erziehungsmaßnahme stoße ich bei den meisten Lehrern irgendwie auf Ablehnung. Die finden das irgendwie nicht so schlimm wie ich... hmmm, bin ich zu typisch deutsch, streng, ordentlich?
Als drittes noch etwas Schönes: An meiner Schule gibt es den fredagskaka, "Freitagskuchen". Man trägt sich Anfang des Schuljahres in eine Liste ein, wenn man mitmachen möchte. In einer Woche backt man für alle Kuchen, in allen anderen Wochen darf man anderen Kuchen naschen. Tolle Freitagsversüßung und noch dazu supergemütlich, wenn man mit einigen Kollegen Freitagvormittag in einer Pause um einen großen Tisch sitzt, Kaffee schlürft und köstlichen Kuchen isst. Letzte Woche war ich dran. Es gab Apfel-Blechkuchen mit Mandelcreme, der sehr gut angekommen ist und dazu führte, dass ich am Nachmittag eine große Fangemeinde hatte, die das Rezept haben wollte. :-)

So, schon so spät, Lehrer und Sprachassistentinnen müssen jetzt schlafen, damit sie auch einen weiteren Tag mit vielen großen und kleinen, leisen und lauten, lieben und nervenraubenden Schülern meistern können. Donnerstag ist schulfrei für die Schüler und die Lehrer haben studiedag, d.h. sie sprechen über verschiedene organisatorische Dinge, gucken sich eine andere Schule an... mein Betreuer hat mir ans Herz gelegt, mir lieber was anderes vorzunehmen. Und da ich freitags keinen Unterricht habe, habe ich somit ein langes Wochenende, was ich nutzen werde, um Björn (Studienfreund aus Hannover) und seine norwegische Freundin Kjersti in Oslo zu besuchen, wo sie seit einem Jahr zusammen leben. Ui, wie ich mich darauf freu!
Bis zum nächsten Eintrag, und ich freu mich übrigens auch über Mails von Euch, um auch zu wissen, was ihr so treibt! Haut in die Tasten!

Freitag, 25. September 2009

Liseberg - Schwedens "Heide-Park" am Rande von Göteborg

Bin arg im Rückstand mit Berichten über meine Erlebnisse hier im schönen Schweden. Das liegt daran, dass es sooooo viele sind! Mir geht es nach wie vor jättebra, also supergut. Der junge Schwede pflegt diesen Zustand auch gern als skitbra (sprich: schietbra) oder kanonbra zu bezeichnen. Ich fühle mich sehr wohl und beginne langsam, auf Schwedisch zu träumen und habe mich vor ein paar Tagen in der Stadt gewundert, als ich ein paar Menschen so eine andere Sprache reden hörte - das war Deutsch. Touristen...
Ich will nicht versäumen, Euch von meinem Ausflug in den Göteborger Freizeitpark Liseberg zu erzählen. Meine Ex-Gastfamilie (eigentlich immer noch meine Gastfamilie, so oft, wie wir was zusammen machen!) hat mich eingeladen, sie dorthin zu begleiten und da musste ich nicht lang überlegen - klar komm ich mit! Göteborg liegt ca. eine Autostunde nördlich von Halmstad und der Freizeitpark direkt an der Autobahn und auch am Rande des Stadtzentrums, sodass viele Wochenend-Touris in Göteborg auch Liseberg einen Besuch abstatten. Dementsprechend lang war die Schlange am Eingang... In diesem Freizeitpark zahlt man umgerechnet ca. 7€ Eintritt, kann damit aber noch kein einziges Fahrgeschäft nutzen. Dafür muss man sich drinnen entweder ein Bändchen kaufen, mit dem man alles fahren kann oder so Ticket-Hefte, welche man jeweils am Fahrgeschäft beim Zustieg abgibt. Man kann sich also überlegen, wie viel man fahren möchte und dementsprechend Geld loswerden. Preistechnisch ungefähr vergleichbar mit unserem Heide-Park. Hier seht ihr Tilda, Selma und mich nach einer kleinen Süßigkeiten-Pause. Die beiden tragen das ultimative Must-have-Accessoires alles jungen Liseberg-Besucher: die Kaninchenohren, denn das Maskottchen ist ein großes grünes Kaninchen. Da aber leider nicht Karsten in diesem fiesen Kostüm steckte, habe ich dieses Wesen nicht näher kennengelernt.
Leider war es aufgrund der Vollheit so, dass man überall sehr lang warten musste. Meistens hat sich das Warten aber gelohnt, z.B. die große Holzachterbahn "Balder" (übrigens ein deutsches Produkt), die ich mit Ulrika ausgetestet habe, war wirklich großartig - noch besser als die in Soltau. Außerdem gab es in den Warteschlangen viele nette Gespräche, in denen ich mein Schwedisch üben und neue Vokabeln aufschnappen konnte.
Im Park gibt es an jeder Ecke so Glücksräder, an denen man überdimensionale Marabou-, Daim- und Chips-Pakete gewinnen kann. Teurer Einsatz, aber wenn man Glück hat darf man den Rest des Tages ca. 5kg Leckereien mit sich rumschleppen.
Spätabends
waren wir wieder in Halmstad, alle total müde, aber glücklich, denn es war ein toller Tag!

Montag, 14. September 2009

Hereinspaziert...

Herzlich Willkommen in meinem Zimmer in der Hertig Knutsgatan 9, Halmstad!
Hier eine kleine guided tour zum Video, welches ihr Euch mittels eines Klicks anschauen könnt:



Zuerst seht ihr den Schreibtisch (in 3h zusammen mit meiner Vermieterin auf Schwedisch zusammengebaut!), die Fenster und das Sofa (Schlafsofa!). Die dann zu erkennende kleine Tür ist ein winziger in die Wand integrierter Kleiderschrank, dann seht ihr meine Zimmertür, es folgt der Kachelofen, Fernseher und dahinter mit einem mittelmäßig schönen Vorhang verhangen die Tür zum Nachbarzimmer (leider hört man quasi alles, muss noch an der Isolierung arbeiten). Nun kommt meine Kleiderkommode, der Nachtschrank und das Bett, das Karsten-Wann sehen wir uns wieder?-Poster und dann sind wir wieder beim Startpunkt angekommen.
Jetzt könnt ihr Euch wieder ein kleines bisschen besser meine kleine schwedische Welt hier vorstellen!

Donnerstag, 10. September 2009

Kanelbullar

Was macht man aus jäst, mjölk, smör, kardemumma, kanel, mjöl, socker und ägg?


Richtig! Kanelbullar! Schwedens Nationalgebäck. Und darin habe ich mich heute nach der Schule mal probiert. Das Ergebnis kann sich sehen, riechen und schmecken lassen. Würde Euch gern eine Geruchsprobe der noch warmen kanelbullar zur Verfügung stellen, aber diesbezüglich zeigt die moderne Technik dann ja doch noch ihre Grenzen auf. Wer trotzdem will, da gäbe es zwei Möglichkeiten:
a) mich hier besuchen kommen und mit mir zusammen kanelbullar backen
b) mich per Mail um das Rezept bitten und selbst ausprobieren


Bei der Zubereitung habe ich wieder ein paar kulturelle bzw. "backkulturelle" Unterschiede zu Deutschland festgestellt: Als Mengenmaß werden keine Gramm-Angaben gegeben, sondern alles in dl (Deziliter), tsk (tesked = TL) und kleine Mengen (Prise oder Messerspitze) als kryddmått (uebersetzt etwa "Gewuerzmaß"). Man benutzt statt messbechern so kleine Plastikschälchen, die ihr auf dem Bild sehen könnt. das kleinste Löffelchen ist so ein kryddmått. Wieder was dazugelernt. Zum Glueck war meine Vermieterin da, um es mir zu erklären.

Sonntag, 6. September 2009

Einziehen, Einleben und Einkaufen

"Har du redan flyttat in i ditt boende?" (Bist du schon in Dein Zimmer eingezogen?) Diese mir im Lehrerzimmer zuletzt mehrmals täglich gestellte Frage von interessierten Kollegen konnte ich seit Mittwoch endlich mit "Ja, nu har jag faktiskt flyttat in!" (Nun bin ich wirklich eingezogen!) beantworten. Ulrika hat mich mit Sack&Pack in der Hertig Knutsgatan abgeliefert, wir sind dann gleich in den riesigen Supermarkt um die Ecke zum Einkaufen gefahren, um die erste große Grundausstattung nicht zu Fuß schleppen zu müssen. Dann hieß es erstmal: Auspacken, Ankommen, Einrichten. War schon ein komisches Gefühl, plötzlich nicht mehr die Familie um mich herum zu haben. Beim Tschüß-Sagen hingen die beiden Mädels an mir und ich war richtig gerührt, da ich nicht gedacht hätte, dass sie so traurig sind, dass ich nun ausziehe. Aber wir werden uns sicherlich oft sehen, den ersten Besuch haben sie mir schon abgestattet, auf einen Saft und Schokokekse!
Ich wohne jetzt im ersten Stock eines Hauses, was einer älteren Dame gehört. Die 1. Etage vermietet sie immer an Studenten, die sich Küche und Bad teilen. Mein Zimmer ist ca. 18qm groß, hat 2 Fenster, einen Kachelofen (aber auch Heizkörper!) und die wesentlichen Möbelstücke, sogar einen Fernseher - dadurch kann ich also noch mehr Hörverstehen üben. Nur ein Schreibtisch fehlt leider, aber die Vermieterin hat gesagt, dass sie sich darum kümmert. Das kann bei Schweden aber ganz gern mal ein paar Tage länger dauern. Ich werd sie nochmal erinnern... Die Einrichtung ist etwas altmodisch, aber nachdem ich nun die gruseligsten Gegenstände entfernt habe, fühle ich mich von Tag zu tag wohler. Ich weiß ja nicht, ob ich da geschmacklich einfach nicht auf der Höhe bin, aber diese Katze z.B. übersteigt echt meine Toleranzgrenze für zu ertragende Hässlichkeit. Sie kann ihre Schönheit nun in einer Ecke des Küchenschrankes verbreiten. Ich hoffe, dass die Schüsseln damit klarkommen. :-)
Mein Zimmernachbar ist ein 19-jähriger schwedischer Studienanfänger, und nicht wie ursprünglich angekündigt eine Sie. Meine Horrorvorstellung ist, dass er keine Ahnung hat, wie man abwäscht, wie man Essen zubereitet, ohne dass hinterher die Küche einer Grundsanierung bedarf, wie man eine Toilette putzt oder wie ein Staubsauger funktioniert. Dafür aber bestens das Feiern beherrscht. Vorurteile? Ne, ich doch nicht. Da er erst Freitag eingezogen ist und am WE zu Hause war, kann ich aber noch nicht sagen, inwiefern meine Einschätzung stimmte. Muss aber zugeben, dass ich mich ganz schön alt fühle. So als 22-jährige "Lehrerin" neben meinem 19-jährigen Studienanfänger.
Zurück zur Wohnung: In der Küche gibt es alles, was man so braucht, also perfekt für mich. Brauch nix an Geräten kaufen, sogar eine Mikrowelle gibt's. Hier seht ihr mich bei meinem ersten Abendessen in der neuen Bleibe. Polarbröd, Rührei, leckerer schwedischer Käse. Hmm. Und selbstgemachte Erdbeermarmelade von Ulrika gab's als Einzugsgeschenk.
Das Bad ist superklein und kann es in puncto Schönheit mit der Katze aufnehmen. WUNDERSCHÖNE Muscheln kleben als Borte an der Wand, ebenso an der Toilettenspülung. Mach mal ein kleines Video für Euch, das muss man gesehen haben. Tine Wittler würde erblassen vor Neid. Aber bis Weihnachten halt ich das wohl aus und finde es einfach nur lustig. Hoffentlich find ich's nicht irgendwann schön...
Die Lage meiner neuen Bleibe ist gut. In 10 Gehminuten bin ich im Zentrum, Busse fahren gleich um die Ecke, Supermärkte sehr dicht, eine Pizzeria in 50m Entfernung :-).
Insgesamt bin ich also echt zufrieden. WLAN gibt's auch - freu mich über Mails und Skype-Gespräche!

Letzte Woche war hier übrigens nollningsvecka, die Feierwoche der neuen Studenten (noll= null, also null Semester). Die ganze Stadt voll mit verkleideten Studis, die sichtlich viel Alkohol konsumiert hatten. Bootsrennen auf dem Nissan (Fluss durch die Stadt) u.v.m., so sah's vom anderen Ufer aus:

In der Schule gewöhne ich mich immer mehr ein, lerne die Namen immer besser und auch die Schüler gewöhnen sich so langsam an mich. In Klasse 6 mache ich den Deutschunterricht gerade ganz allein, was sehr viel Spaß macht. Man kann jede Stunde Fortschritte erkennen und es ist ein tolles Gefühl, diese ersten wichtigen Schritte in der neuen Sprache steuern und begleiten zu können. Mittlerweile können sie schon bis 10 zählen, sich ausführlich vorstellen und haben DEN fiesen false friend kennengelernt: Bier heißt auf Schwedisch öl, Öl heißt auf Schwedisch olja. Wenn's dumm läuft, bekommt ein durstiger Schwede in einer deutschen Kneipe also ein schönes Glas feinstes Öl.
Mit den 9ern habe ich letzte Woche ein Rote Grütze-Rezept übersetzt und anschließend in der Schulküche nachgekocht. Es hat großartig geklappt und ich war ganz begeistert von den Schülern, v.a. von der vorbildlichen Aufräumkultur. Der sonst gelangweilste und unmotivierteste Schüler avancierte zum Kochtalent und schmiss hinterher noch den Abwasch für seine Gruppe. Wow. Weiter geht's diese Woche mit Comics, mal sehen, ob ich sie auch damit zum Deutschsprechen bringen kann.
Eine weitere Sonderbarkeit des schwedischen Schulsystems, die vor allem alle Lehrämter erfreuen dürfte: Bildungsstandads? Kerncurriculum? Nix da, hier gibt's ein Heft mit ein paar Zielen für jedes Fach, die aber dermaßen oberflächlich sind, dass ich deren Dasein als recht fragwürdig empfinde... Wenn man den deutschen Kompetenzdschungel kennt, dann ist das hier regelrecht rahmenlos. Ich frag mich immer mehr, warum Schweden bei PISA so gut sein konnte, denn so viel bedeutend Besseres bezüglich Wissensaneignung hab ich hier noch nicht gesehen. Im Gegenteil: Oft denke ich, dass vieles in Deutschland erfolgsversprechender ist. Aber darüber muss ich mir in den nächsten Monaten nochmal ausführlicher Gedanken machen und weitere interessante Diskussionen mit schwedischen Lehrern führen.
Jetzt seid ihr erstmal wieder upgedatet - welch schöner Anglizismus. Die schwedische Sprache hat übrigens weniger Anglizismen, so jedenfalls mein Eindruck. Oft gibt es ein schwedisches Wort, wo wir im Deutschen einfach das Englische nutzen (z.B. Comic, auf Schwedisch "serie").
Genießt den Spätsommer, der ja angeblich in D nochmal zurückkommen soll!