Donnerstag, 24. Juni 2010

Fröhlich und traurig - so nah beieinander...

Zurück von einer unglaublich eindrucksvollen Woche auf Island (dazu bald nochmal mehr!) sind meine letzten Tage an einer der schönsten Fleckchen Schwedens nun wirklich gekommen. Abschiedstreffen am laufenden Band, Tränen, viel Organisatorisches, nochmal die tolle Sommerstadtstimmung einfangen, nochmal REA(schwedisch für "Ausverkauf")-Shopping betreiben und Sachen packen. Mein Zimmer sieht jetzt traurig leer aus, da die Deko heute verpackt wurde. Morgen schaffe ich hoffentlich den groben Rest sowie das Putzen, sodass ich mich damit nicht mehr aufhalten muss, wenn ab Samstag meine Family hier ist.

Noch ein kleiner Nachtrag zum Schulabschluss: Für die 9er gibt es die schöne Tradition, dass alle in einem Umzug zur Kirche gehen, wobei 2 Flaggenträger eine Riesenfahne tragen. In der Kirche kommen dann nach ein paar Reden und musikalischen Einlagen die kleinen förskolebarn (Vorschulkinder), die nach dem Sommer in die 1.Klasse kommen, jeweils mit einer Rose und nehmen einen 9er an die Hand und begleiten ihn/sie aus der Kirche hinaus. Symbolisch, hinreißend, emotional, toll! Zurück in der Schule bekommen sie ihre Zeugnisse. Dann stellen sich alle Lehrer in einer langen Reihe im Flur auf und jeder Schüler bekommt (ob er/sie will oder nicht ;-)) eine Umarmung und ein paar Worte mit auf den Weg. Kramkalas wird das genannt, "Umarmungsevent". Danach strömen sie dann raus und werden von Familie und Freunden bejubelt. Leider nieselte es, aber die Stimmung war sonnig. Wir Lehrer hatten daraufhin noch unsere Abschlusszeremonie im Lehrerzimmer. Ich hatte eine kleine Rede samt Fotopräsentation über meine Zeit in Schweden vorbereitet, die super ankam. Später wurden sogar mir zu Ehren Reden gehalten und die Tränen kullerten...
Zur Aufmunterung und Stärkung gab es dann wieder leckere smörgåstårta, "Schnittchentorte". Eine echte schwedische Spezialität. Mehrere Lagen Weißbrot mit leckerer Dillcreme, oben drauf Lachs, Käse, Gemüse, Krabben, Köttbullar...hmmm. Eine echte Bombe, aber eine Sünde wert.


Heute Abend habe ich ein letztes Mal mit meinen Volleyball-Mädels trainiert und das war nochmal ein sportliches Highlight! Alle Damen-Teams im Verein haben seit Montag mit Kraft- und Konditionstraining angfangen, d.h. alle Spielerinnen trainieren zusammen und dazu gibt's 2 Trainer plus einen PHYSIOTHERAPEUTEN, der beim Zirkeltraining herumgeht und an einem rumzerrt, wenn man was falsch macht. Da wurde mein Wortschatz heut nochmal ganz schön auf die Probe gestellt. Kostprobe gefällig?

bålstabilitet - Rumpfstabiliät
tåhävning - Zehenheber

utfallssteg - Ausfallschritte

armhävningar - Liegestütz

Ich bin ordentlich ins Schwitzen gekommen, aber es war großartig auf diese professionelle Weise! Hab sogar ein Farbfoto-Handbuch mit den ganzen Übungen bekommen, sodass ich zu Hause weiter machen kann... Sprach- und Krafttraining in einem! :-)
Im Anschluss hab ich eine Runde Eis zum Abschied ausgegeben und wir haben noch nett zusammen gesessen. Ein schöner Abschluss!

Morgen ist es dann soweit, DAS schwedische Fest steht an: MIDSOMMAR! Ich werde mit einer Freundin aus meinem Schwedisch-Kurs und einigen ihrer Verwandten so richtig traditionell feiern. Freu mich schon sehr darauf und werde euch fleißigen Lesern darüber in Kürze noch berichten! Es wird gemunkelt, dass ich sogar einen Blumenkranz ins Haar bekomme. Ui, wie ich gespannt bin...nach dem Wochenende folgt der Bericht! Bis dahin: Glad Midsommar!


Montag, 14. Juni 2010

Wenn's am schönsten ist...

...soll man bekanntlich aufhören. Und das ich es gerade sehr schöb habe, daran besteht kein Zweifel. Halmstad im Sommer ist einfach ein Traum. Und in der letzten Woche habe ich noch so viele schöne Momente in der Schule und auch nach dem Job erlebt, dass es mir verdammt schwer fällt, das alles hier jetzt verlassen zu müssen. Jeden Tag fragen mich viele: "Hur känns det nu?" (Wie fühlt sich das jetzt an?). Darauf antworte ich meist: Ich habe ein unglaublich tolles Jahr erlebt und natürlich fällt es schwer, zu gehen. Aber auf der anderen Seite freu ich mich auch auf das, was kommt. Ich habe Wissensdurst und freu mich sogar etwas auf die Uni, auch wenn die viele Theorie natürlich den krassen Gegensatz zu dem hier bildet. Ich freu mich, wieder in meine Heimat zu kommen, denn dieses Heimatbewusstsein wird viel stärker, wenn man mal längere Zeit im Ausland lebt - das ist mir hier sehr bewusst geworden. Ich freu mich auf das geilste Brot und die besten Brötchen der Welt. Ich freu mich auf ein Wiedersehen mit Familie&Freunden. Ich freu mich auf WM-Stimmung in Deutschland, denn Schweden ist eingeschnappt wegen der Nicht-Teilnahme, sodass man hier kaum was mitkriegt. Summa sumarum mischen sich daher Traurigkeits- und Freudentränen.

Nun will ich euch aber noch an ein paar Eindrücken der letzten Wochen teilhaben lassen. Am Donnerstag gab es den "avslutningslunch" (Abschiedsmittagessen) für die 9er, die jetzt mit der "grundskola" fertig sind und nach dem Sommerferien auf's Gymnasium gehen. Das machen hier ca. 95% aller Schüler. Das Gymnasialsystem unterscheidet sich aber von dem in Deutschland. Man wählt gewisse Profile und kann auch berufspraktische Zweige wählen, wie z.B. das Hotel-/Restaurant-Programm.

Wir Lehrer haben die Caféteria hübsch hergerichtet und drei lange Tafeln gebaut, an denen dann alle Platz nahmen. Während des Essens gab es unzählige Reden von Lehrern und im Anschluss spielten wir Lehrer ein kleines Theaterstück - eine Tradition an der Trönningeskolan. Ich wurde dafür kurzerhand als Schauspielerin aktiviert, nachdem ich in den letzten Wochen also u.a. zur Mathe- und Physiklehrerin wurde, habe ich noch eine weitere Profession ausprobiert.
Ich spielte eine Gräfin, die in einer verzwickten Situation landet - Liebelei und so, ihr wisst schon. Etwas Überwindung kostete es mich, einem Kollegen einen Becher mit Eiswürfeln und Wasser über den Kopf zu kippen... und am Ende fiel mir bildlich ein Stein vom Herzen, den ich leider auf den Fuss meines Grafen warf. Aber ansonsten gab es keine grösseren Verletzungen!

Freitag war dann der letzte Schultag und "skolavslutning". Ein kurzer bericht und Bilder davon folgen später.

Nun noch ein paar Bilder, die ich in den letzten Tagen in der Schule gemacht habe. Einige der vielen Dinge, die mir sehr fehlen werden:
Mein Deutsch-Kollege Sam, Amerikaner, der in den 70ern Schwede wurde.

Mein Lieblingsdrucker, Kopierer und Scanner in einem. In dem Räumchen habe ich viele Stunden verbracht, wenn ich fleissig Unterrichtsamterial erstellt habe!

Meine "Deutsche Ecke", an einem Schwarzen Brett in der Schule. Hier habe ich in verschiedenen Kategorien Verschiedenes rund um Deutschland aufgehängt.

Milchautomaten in der Caféteria! In Schweden ist es normal, zum Mittagessen ein Glas Milch zu trinken. Und das Knäckebrot mit Butter darf natürlich auch nicht fehlen. Das werde ich in Deutschland einführen!
Morgen fliege ich für eine Woche "Naturerlebnis und geographische Studien vor Ort" zusammen mit Anne nach Island. Danach melde ich mich nochmal für einen abschliessenden Blog-Eintrag!

Donnerstag, 10. Juni 2010

Du gamla, du fria...

...du fjällhöga nord! So beginnt die schwedische Nationalhymne, die am vergangenen Sonntag, den 6. Juni, besonders laut erklang. Es war Nationalfeiertag. Entgegen meiner Erwartungen feiern die Schweden - zumindest die hier in Halmstad - diesen aber gar nicht so enthusiastisch. Dennoch gab es in Halmstad ein Fest, bei dem Ann-Kathrin (aus meinem Schwedisch-Kurs) und ich dabei waren!
Auf dem Galgberget, ein Hügel am Stadtrand, auf dem Gelände des Freilichtmuseums, gab es einen Umzug mit Flaggen und Spielmannszug, viele Reden, Chöre und natürlich das feierliche Hissen der schwedischen Flagge. Alle Besucher bekamen eine kleine Fahne in die Hand gedrückt, die dann fleißig geschwenkt wurden. Am Ende haben alle mit Unterstützung eines Chores die Nationalhymne gesungen, wobei ich feststellte, dass ich sie jetzt auswendig kann!






Donnerstag, 3. Juni 2010

Außenservierung? Termin? Semester?

Tja, was steckt hinter dieser Rubrik, fragen sich wohl nun viele.
Antwort: Sie stellt eine kleine Auswahl des Sprachsalats dar, den ich momentan oft zubereite, wenn ich deutsch spreche. Schwedisch ist mittlerweile einfach so normal für mich geworden, dass ich mich oft dabei ertappe, auf deutsch komische Sätze zu bauen oder merkwürdige Wörter zu benutzen. Beispielsweise haben hier seit ein paar Wochen viele Bars am Nissan, der Fluss durch Halmstad, und auch sonst überall draußen Tische und Stühle aufgebaut. Teilweise sogar ganz neue Zeltgebäude draußen gebaut. Man nennt diese Plätze "uteservering", direkt übersetzt "Außenservierung" - aber das sagt man doch nicht, oder? Ich kenn sowas nur unter "Biergarten".
Dann das Wort "termin". Auf Schwedisch bedeutet das "Semester", also ein Schul- oder Uni-Halbjahr. Man unterscheidet zwischen "vårtermin" (Frühlingshalbjahr) und "hösttermin" (Herbsthalbjahr). Das Wort "semester" im schwedischen Sprachgebrauch bezeichnet hingegen "Urlaub". Für deutsche Schwedisch-Anfänger stellen diese falschen Freunde eine fiese Falle dar, aber wenn man sich erstmal dran gewöhnt hat und es dann plötzlich auf deutsch verwendet, dann können komische Sätze dabei rauskommen:
"Der neue Termin fängt erst in ein paar Wochen an, jetzt genieße ich erstmal mein wohlverdientes Semester."

Damit genug Linguistisches und noch ein paar News aus meinem Leben in einer wunderbaren Sommerstadt an Schwedens wunderschöner Westküste.
Der Sommer ist nun endlich da und es ist großartig, den hier nach dem harten Winter zu erleben. Vor Kurzem habe ich mich gefragt, wo diese ganzen Leute, die sich plötzlich in der Fußgängerzone drängen, im Winter alle gesteckt haben. Entweder ist hier irgendwo ein großes Loch oder niemand hat sich rausgetraut. Im Winter sind hier alle drinnen und kommen kaum raus, während sie jetzt fast nur noch draußen sind. Abens in der Stadt herrscht eine fantastische Stimmung. Der Klang von Livemusik tönt durch die Straßen, Leute sitzen draußen, es riecht nach leckerem Essen, Eisverkäufer bringen Erfrischungen unter das Volk und alles wird in orangenes Sonnenuntergangslicht gehüllt. Mittlerweile ist es so lang hell, dass halb elf draußen sitzen und lesen funktioniert, oder morgens ab ca. 4Uhr ebenso. Weiter im Norden Schwedens geht die Sonne ja schon kaum noch unter, aber auch hier merke ich schon einen Unterschied zu Deutschland.
Ich versuche, jeden Sonnenstrahl auszunutzen. Zum Glück kann ich hier den Garten mitnutzen, der sehr sonnig ist und wo man auch super Unterricht vorbereiten oder Mathe-Arbeiten korrigieren kann. Das habe ich in den letzten Wochen ausgiebig erprobt. Ich war drei Wochen lang neben der Sprachlehrerin auch noch Mathe-, Physik- und Werteerziehungslehrerin, als Vertretung für einen Kollegen. Das war echt anstrengend und eine Herausforderung an alte Schulkenntnisse, aber ich war erstaunt, wie gut ich mich doch geschlagen habe. Ich hätte nie gedacht, dass ich je mal Lichtbrechung auf Schwedisch unterrichten werde. Flexibilität ist das Stichwort! So kam es, dass ich auch Berge von Mathe-Arbeiten korrigieren musste. Im Garten aber wirklich nur halb so schlimm.

Vor Kurzem hat Anne mich besucht, die Comenius-Assistentin aus Jönköping, mit der ich in 2 Wochen nach Island fliege. Jenes Wochenende wurde zum "Rumtopf-Event", denn meine Mama hatte mir beim letzten Besuch eine Riesenschüssel ihres sensationellen Kirschgemisches mitgebracht, dessen Geschmack so schnell keiner toppen kann. Anne kam auch schnell auf den Geschmack, sodass wir so einige Gläschen davon verputzt haben. Hmmm...großartig an einem lauen Sommerabend!

Nun nähert sich die vorletzte Schulwoche dem Ende entgegen und ich kann kaum fassen, wie die Zeit vergangen ist. Die letzten 2 Monate sind nur so verflogen und ich hatte immer viel um die Ohren, sodass nie die Spur von Langeweile oder mal Nachdenken über das Ende meiner Zeit hier aufkam. Und jetzt steht plötzlich der Abschied vor der Tür. Sam, mein lieber Mentor und Deutschlehrer-Kollege, fliegt Samstag in die USA und ist daher nächste Woche nicht mehr in der Schule. Das wird hart morgen mit dem Tschüß sagen und ich würd gern die Zeit anhalten. Gut, dass Halmstad nicht durch Ozeane von Norddeutschland getrennt ist, sondern relativ gut zu erreichen ist, sodass ich immer schnell herkommen kann, wenn die Sehnsucht zu groß wird. Das tröstet ein wenig, aber natürlich wird es immer anders sein als jetzt, wo ich hier so richtig lebe.

Bevor ich aber zu viel Trübsal blase, lebe ich grad lieber nach dem Motto "Nimm mit was geht!" und lasse nichts aus. Klassenabschlussgrillen am Strand, Brennballturnier der Schule am Strand, Fahrradtour mit einer meiner Lieblings-7A, Kino mit Freunden... es gibt viel "mitzunehmen" und das alles macht so unglaublich viel Spaß. Und à propos "alles mitnehmen": Am Wochende ist schwedischer Nationalfeiertag (6.Juni), was hier im Freilichtmuseum mit schwedischen Traditionen gefeiert wird. Da werde ich natürlich nicht fehlen...

Dienstag, 18. Mai 2010

Ein Land im Hochzeitswahn

In Stockholm sieht man überall Plakate mit Herzen. Die Souvenirläden platzen fast vor Viktoria&Daniel-Accessoires. Becher mit kitschigen Fotos, Flaschenöffner, Schürzen, ja gar Spüllappen mit dem Hochzeitspaar. Stockholm nennt sich sogar offiziell so:Der Flughafen in Arlanda heißt für den Monat Juni "Love Airport". Doch damit nicht genug: Auch in allen Supermärkten wird man mit den beiden konfrontiert, z.B. in Form von Kuchensondereditionen wie dieseroder auch der offiziellen "bröllopschoklad" (Hochzeitsschokolade). Und hier sieht man, dass nicht nur von außen alles königlich hochzeitlich ist, sondern das Paar erst in vollem Glanz erstrahlt, wenn man den Deckel aufmacht:Praktischerweise mit eingebautem schlechten Gewissen, wenn man wie Victoria in diesem Kleid aussehen möchte. Das ist immer noch nicht alles. Im Fernsehen laufen Dokus über den ganzen Bernadotte-Clan sowie gestern das ultimative "bröllopsintervju" (Hochzeitsinterview), was ich natürlich als annähernd richtige Schwedin verfolgt habe. Gruppenzwang, man muss ja am nächsten Tag im Kollegium mitreden können... Witzig dabei fand ich, dass Daniel, wenn er über Viktoria sprach, immer "kronprinsessan" (Kronprinzessin) sagte. Also z.B. "Die Kronprinzessin ist ja eine starke Person, die einen wundervollen Umgang mit Menschen hat". Ich hoffe, dass er das nur in solch offiziellen Momenten machen muss. :-)

Man kann auf jeden Fall behaupten, dass dieses Land völlig im Hochzeitswahn ist!

Heute habe ich mit ein paar Mädels aus meiner 6.Klasse darüber diskutiert, ob eigentlich der Daniel dann bald automatisch König wird, wenn seine Gattin Königin wird, als Nachfolgerin ihres Papas Carl Gustav. Sie fanden, dass das eigentlich nicht ok sei, denn immerhin ist er ja nur eingeheiratet. Ihrer Meinung nach sollte er dann maximal "prins" genannt werden dürfen. Als ich dann einwarf, dass Silvia ja auch nur Königin geworden sei, nachdem sie Carl Gustav schöne Augen gemacht hatte, wurden sie nachdenklich, fanden aber, dass das was anderes sei!

Viele Grüße aus dem Love-Schweden!

Donnerstag, 6. Mai 2010

Brezelbäckerei

Vor Kurzem habe ich in meiner Schule einen deutschen Backtag veranstaltet, um den Schweden mal ein bisschen traditionelle deutsche Küche und somit ein wichtiges Stück Landeskunde zu vermitteln. Laugenbrezel sollten es sein, denn die sind so richtig typisch und werden direkt mit Deutschland, naja - Bayern - assoziiert. Aber die meisten Lebensmittel/Gerichte, die man genannt bekommt, wenn man hier nach deutscher Küche fragt, sind in der Tat bayerische. Sorry also Altländer Hochzeitssuppe, Himmel&Erde und Labskaus, ihr müsst warten. Brezel habe ich aber auch deshalb ausgewählt, weil man in kleinerer Ausfertigung viele produzieren kann und man kann sie aus der Hand essen, sehr praktisch für den Vertrieb in der Schule.
Ich muss gestehen, dass ich zuvor noch nie selbst Brezel gebacken hatte. Aber so ist es ja mit vielen Sachen: Man muss erstmal im Ausland leben, um zu erkennen, was eigentlich typisch für sein Heimatland ist plötzlich wird man ganz "patriotisch". Die Brezelbäckerei lief super und der Duft lockte alle aus ihren Räumen. Wir haben die "kringlor", wie die Schweden sagen, im Schulkiosk verkauft und sie gingen "weg wie warme Semmeln".
Ich war überrascht, wie unkompliziert es eigentlich war und kann nur empfehlen, dass mal selbst auszutesten. Für alle, die jetzt also Hunger bekommen haben und auch Brezelbackerfahrung sammeln wollen, hier ein mögliches Rezept!

Sonntag, 25. April 2010

Besuch bei den Kollegen Vänern&Vättern

Ich weiß, ich weiß... viel zu lang liegt der letzte Eintrag zurück und es gibt so viel zu erzählen, aber ich hatte einfach echt so viel um die Ohren, dass ich nicht zum Blog schreiben gekommen bin. Das braucht ja auch seine Zeit. Aber nun endlich nehme ich sie mir, um euch zunächst einmal über die Reise in den Osterferien zu informieren. Karsten und ich hatten in Halmstad einen kleinen Toyota Aygo gemietet, mit dem wir 5 Tage lang die Region um die beiden größten Seen Schwedens, Vänern und Vättern, erkundet haben.
Gestartet sind wir zunächst entlang der Westküste bis hinauf nach Göteborg auf Landstraßen meist direkt am Meer entlang (und nicht auf der E6). Auf der Route konnte man sich gar nicht satt sehen an traumhaften Meereskulissen, wie z.B. hier in Steninge:
Ein schönes Stück Erde. Oft haben wir gedacht, wie herrlich es sein muss, ein Grundstück mit diesem Blick zu haben und im Sommer jeden Tag vor dem Frühstück ins Meer springen zu können oder im Winter die Eisschollen knacken zu hören. Um uns das leisten zu können benötigen wir allerdings noch die nötige Liquidität. Spenden nehmen wir aber jederzeit gern entgegen. :-)

Den ersten Übernachtungszwischenstopp bildete Trollhättan, eine 50.000-Einwohner-Stadt südlich des Vänern-Sess, die aufgrund eines großen Filmproduktionsstudios auch gern Trollywood genannt wird. Außerdem ist Trollhättan für seine gigantischen Schleusenanlagen bekannt, durch die der Göta Älv - Schwedens wassereichster Fluss - schiffbar gemacht wird.
Ein großer Teil des ursprünglichen Flussbettes liegt trocken, wird aber einmal im Jahr geflutet. Lustige Schilder weisen auf die Gefährdung durch anbrausende Wellen hin, wir hatten aber Glück, denn "Tag des Wasserfalles" ist erst im Juni.
Etwas südlich der Stadt gelangten wir nach einer kleinen Wanderung zu einem gigantischen Wasserkraftwerk, das u.a. SAAB mit Strom versorgt. Weiter ging's Richtung Nordosten auf die Halbinsel Kallandsö. Hübsch anzuschauen war hier das Schlösschen Läckö.
Dort war dann eigentlich noch der Besuch einer in Reiseführern angepriesenen Fischräucherei geplant, der jedoch aufgrund eines noch zugefrorenen Vänern und geschlossener Lokale leider ausfallen musste. Das war oft der Fall, denn die Saison startet eigentlich erst im Juni und zuvor steht man meist vor verschlossenen Türen. Leider war das Wetter auch wirklich Nebensaison: Kalt und ungemütlich. Aber wir haben versucht, das Beste daraus zu machen.

Nächste Station: Der Hornborga-See östlich vom Vänern. Warum noch ein See? Na weil das Schwedens Kranich-Landeplatz Nummer 1 während deren Rückreise aus dem spanischen Winterquartier ist!

Mein Biologie lehrernder Reisebegleiter hatte sehr hartnäckig auf den Abstecher dahin bestanden und ich bin ihm sehr dankbar dafür, denn wer kann schon behaupten, mal 12700 Kraniche auf einmal gesehen zu haben?

War wirklich beeindruckend, v.a. die Geräuschkulisse. Dann führte uns der Weg durch das Naturreservat Kinnekulle in das süße Städtchen Mariestad an der Ostküste des Vänern, wo wir in einem irre gemütlichen Vandrarhem (schwedisch für "Jugendherberge") übernachtet haben. Das Haus wurde im 15. Jahrhundert erbaut und hatte innen tolle Holzfußböden und so eine richtig nostalgische Küche. Nun rief der Vättern, der "kleine Bruder" des Vänern-Sees. Nachdem aus dem von meinen Kollegen empfohlene Fischbrötchen mit frischem Fang aus dem See im kleinen Seedorf mit dem lustigen Namen Hjo (sprich: Ju) leider auch nichts wurde, fuhren wir weiter die Westküste des Sees Richtung Nordufer. In Karlsborg erkundeten wir die Anlage des Armee-Stützpunktes, u.a. für Fallschrimjäger. Ich hab mich mal etwas geübt, aber das hat noch nicht den richtigen Kick gegeben. :-)Und dann gab's mal wieder eine Schleusentreppe zu bestaunen, dieses Mal in der Nähe von Motala. Die Schleuse verbindet den Göta-Kanal mit dem Vättern. Die nächste Schlafpause fand in Vadstena statt, die Stadt der Heiligen Birgitta, die in ihrem Leben unglaublich viele gute Taten vollbracht und dort einen Klosterorden gegründet hat. Die Stadt ist klein, aber gemütlich mit vielen bunten Holzhäusern und Kopfsteinpflaster - Vadstena hat Charme, ohne Frage. Leider waren wir nur die gefühlt einzigen Besucher. Alles leergefegt nach 18 Uhr und kaum ein Restaurant zu finden. Da machte sich wieder die Nebensaison bemerkbar. Die Highlights des nächsten Tages:
Der Runenstein von Rök - historisch unglaublich bedeutend und für Archäologen sicherlich irre spannend, aber uns riss der nicht so vom Hocker. Naja, wir sind wenigstens da gewesen. Kommt in die Kulturgeschichte-Schublade!

Gränna, die Heimat der Polkagrisar. Für alle, die keinen blassen Schimmer haben, was Polkagrisar sind: Weiß-rote Pfefferminzbonbons in Kissenform. In Gränna kann man in einer Vielzahl Gechäften bei der Produktion zuschauen und kosten. Hmm!
Nach der letzten Übernachtung in Jönköping statten wir am letzten Tag unserer Schweden-Tour noch dem schwedischen Kultgeschäft Gekås in Ullared einen Besuch ab.
Klickt euch mal durch die Homepage www.gekas.se oder schaut bei Wikipedia nach, dann bekommt ihr einen besseren Eindruck dieses Geschäftes. Es handelt sich um ein riesiges Warenhaus, das man vom Sortiment her ungefähr mit Handelshof in Deutschland vergleichen kann, allerdings eher Einzelhandel. Man bekommt dort alles, was das Herz begehrt, zu für Schweden unschlagbar günstigen Preisen. Dorthin gibt es Bustouren aus ganz Skandinavien und laut Berichten meiner v.a. weiblichen Kollegen oft Schlangen an den Einkaufswagen. Hier sieht man, wie mit einem Schaufelbagger neue Wagen bereitgestellt werden. Total crazy alles, aber irgendwie auch witzig und absolut sehens-/erlebenswert. Was den Wahnsinn noch weiter untermauert: Ein Campingplatz und ein kleines Hüttendorf gehören auch zum Shoppingkomplex. Und man muss weit im Voraus buchen, denn die Plätze da sind begehrt. Ulrika, meine Mentorin, mietet einmal im Jahr mit ihren Freundinnen eine stuga (Hütte) mit Sauna&Whirlpool, um dort erst einen netten Abend zu haben und am nächsten Tag früh in das Warenhaus zu stürzen.
Auch wir haben uns also in den Ullared-Shoppingswahnsinn gestürzt zwar nicht so viele Tüten wie die meisten anderen rausgeschleppt, aber doch zwei. Und was ein Quatsch, dass Männer nicht gern shoppen, ich hab den Beweis erlebt: Karsten hatte viel mehr als ich! :-)